Aus Steine das Wort Faith

Wenn Gott schweigt – und du trotzdem bleibst

Dorita Lehmann
22. Mai 2025

Im Glauben gibt es nicht nur Momente, in denen wir „Hallelujah!“ brüllen wollen. Es gibt auch Zeiten, in denen uns Gottes Wirken – oder sein Nichtwirken – irritiert. Und genauso ehrlich ist auch die Bibel. Nicht alle Geschichten machen fröhlich. Manche verstören.

Eine Begebenheit, die es trotzdem in die Bibel geschafft hat, macht mich fast sprachlos: „Jesus verließ Genezareth und zog sich in das Gebiet von Tyros und Sidon zurück. Da kam eine kanaanäische Frau aus dieser Gegend zu ihm. Sie schrie: ›Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem bösen Dämon beherrscht!‹“ (Matthäus 15,21f. BB)

Zuerst wirkt das nicht ungewöhnlich. Jesus war bekannt dafür, zu heilen und Mächte zu vertreiben. Aber hier schreit eine Frau hinter ihm her – und zwar eine Nichtjüdin, eine Ausländerin aus einem Volk, das von vielen Juden damals verachtet wurde.

Und Jesus? Reagiert nicht. Obwohl sie ihn als „Sohn Davids“ erkennt, also als Messias. Er schweigt. Die Jünger sprechen ihn an – nicht, weil sie Mitleid haben, sondern weil sie sich von der Frau gestört fühlen.

Als Jesus endlich reagiert, ist seine Antwort schroff: Er sei nur für die „verlorenen Schafe Israels“ gesandt. Punkt. Die Frau aber bleibt dran. Und dann folgt ein Satz Jesu, der wehtut: „Es ist nicht richtig, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen“ (Vers 26).

Wie bitte? Hat Jesus sie gerade einen Hund genannt?

Die Frau aber kontert – ruhig, mutig, unbeirrbar: „Ja, Herr! Aber die Hunde fressen doch die Krümel, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen“ (Vers 27).

Und jetzt wendet sich alles: „Frau, dein Glaube ist groß! Was du willst, soll dir geschehen!“ Im selben Moment wird ihre Tochter gesund.

Ich muss schlucken. Dieser Text lässt mich nicht los. Wenn so etwas in der Bibel steht, dann will Gott uns etwas sagen. Und vielleicht will er uns mit dieser Geschichte auch provozieren – um uns zu verändern.

Mir wird klar: Es gibt Zeiten, in denen Gott meinen Glauben prüft. Zeiten, in denen er sich nicht sofort zeigt. In denen ich mich frage: Meint er es wirklich gut mit mir? Gerade in solchen Momenten zeigt sich, wie ernst es mir ist. Ob ich bleibe – oder gehe.

Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Glauben von Menschen und dem Handeln Gottes gibt, zeigt sich in vielen biblischen Geschichten. Nicht im Sinne von: „Wenn du nur stark genug glaubst, bekommst du alles.“ Aber sehr wohl im Sinn von: Ohne Vertrauen ist die Beziehung zu Gott blockiert.

Jesus stellt den Glauben dieser Frau auf eine harte Probe. Er testet, ob sie nur wegen ihrer Not kommt – oder ob sie wirklich glaubt, dass er der Sohn Gottes ist. Und sie hält stand.

Die Geschichte zeigt noch etwas: Jesus ist zuerst als Jude für das Volk Israel gekommen. Aber diese Begegnung kündigt schon das an, was nach seiner Auferstehung folgen wird: „Geht hinaus in alle Welt…“ (Mt 28,19). Dass Jesus einer Nichtjüdin hilft, ist ein starkes Zeichen: Gottes Liebe gilt nicht nur einem Volk. Sie gilt allen, die ihm vertrauen – auch dir. Auch mir.

Die Geschichte bleibt herausfordernd. Aber sie hat ein gutes, ein heilsames Ende. Es kommt nicht auf Herkunft oder religiösen Background an. Es kommt darauf an, ob ich Jesus vertraue – und ob ich bleibe, selbst wenn er erstmal schweigt.

Wie hättest du reagiert? Hättest du nach dem Schweigen, der Zurückweisung, vielleicht sogar der Beleidigung, ein „ABER“ gehabt? Oder wärst du gegangen?

Bleib dran. Es lohnt sich.

Sei gesegnet.

„Gott hat keine Probleme – nur Pläne“ (Corrie ten Boom).

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